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Blockchain braucht Smart-Meter-Infrastruktur

STUDIEN. Schon heute können Blockchain-Anwendungen in der Energiebranche für Mehrwert sorgen, so eine Studie der Dena. Für den großen Durchbruch fehlt aber etwa die Smart-Meter-Infrastruktur.

Die Studie „Blockchain in der integrierten Energiewende“ der Deutschen Energie-Agentur (Dena) hat elf konkrete Blockchain-Anwendungen aus den Kernbereichen Asset Management, Daten-Management, Marktkommunikation, Stromhandel und Finanzierung untersucht – jeweils aus technischer, wirtschaftlicher und regulatorischer Sicht. „Unsere Studie zeigt, dass die Blockchain besonders dann nützlich werden kann, wenn sie existierende Protokolle zum digitalen Informationsaustausch ergänzt“, sagte Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Dena-Geschäftsführung, laut einer Mitteilung.

Untersucht wurden folgende Anwendungen:
• Engpassmanagement in Elektrizitätsverteilernetzen (E-Mobilität)
• Energiedienstleistungen für Gebäude & Industrieprozesse (Wartung)
• Anmeldung von Anlagen im Marktstammdatenregister
• Zertifizierung von Herkunftsnachweisen
• Abrechnung von Entgelten und Umlagen (Strom)
• Kündigung und Lieferantenwechsel (Strom)
• Außerbörslicher Großhandel (Strom)
• Peer-to-Peer-Handel zwischen Kunden eines Stromlieferanten
• Handel und Allokation von Netzkapazitäten (Strom)
• Mieterstrom
• Shared Investments bei externem Mieterstrom

Die Bewertung der elf konkreten Fälle zeige vor allem eines: Dass für jede Anwendung eine Einzelfallanalyse notwendig sei. Dabei müssten die technischen, wirtschaftlichen und regulatorischen Gesichtspunkte immer separat bewertet und gegeneinander abgewogen werden. Dennoch kommen die Autoren der Studie, an der neben der Dena 16 Partnerunternehmen, zwei unabhängige Gutachter und neun Berater aus Wissenschaft und Wirtschaft beteiligt waren, zu einigen grundlegenden Erkenntnissen: Beim Thema Wirtschaftlichkeit zeigt die Studie das Potenzial der Technologie, über Automatisierungeffekte und Prozessoptimierung zu punkten. Als ein Bereich mit besonders hohem Potenzial wird der Lieferantenwechsel genannt, wo „900 Verteilnetzbetreiber mit potenziell knapp 1000 Stromanbietern kommunizieren, wobei nahezu jeder Akteur ein eigenes System verwendet“. Neben den direkten Kosteneffekten, die in solchen Fällen möglich seien, biete der Einsatz der Blockchain auch langfristige Potenziale: „Der Umgang mit Datenströmen wird durch den dokumentationsfähigen Charakter der Technologie völlig neu bewertet, während zusätzlich eine massive Wertschöpfung im Informationsmanagement freigesetzt wird“. Netzentgelte und Strombezugspreise würde heute etwa nur unzureichend Netzengpässe oder Knappheit an den Großhandelmärkten widerspiegeln. Über eine exakte Dokumentation der orts- und zeitgenauen Erzeugungs- und Verbrauchsinformationen mithilfe der Blockchain können diese Systeme effektiver gestaltet werden.

Verzögerter Rollout eine Blockchain-Hürde
Eine große technische Hürde für einen Durchbruch der Blockchain in der Energiewirtschaft stellt nach Meinung der Studienautoren der verzögerte Rollout der Smart-Meter-Infrastruktur in Deutschland dar. Aktuelle Blockchain-Anwendungen würden nur selten durch die unzureichende technologische Reife ausgebremst: „Vielmehr spielt eine entscheidende Rolle, dass notwendige Hardware zur Datenaufnahme in der Fläche vielfach noch nicht vorhanden ist.“ Bei der Mehrheit der untersuchten Anwendungsfälle sind digitale Stromzähler wesentliche Voraussetzung für die Umsetzung. Die Kernelemente der Blockchain-Technologie selbst weisen dagegen eine hohe Weiterentwicklungsgeschwindigkeit auf.

Regulatorisch sei vor allem der Gesetzgeber gefordert, um das Innovationspotenzial von Blockchain nicht grundsätzlich zu gefährden: So wäre es nötig, das Recht auf Löschung privater Daten zugunsten eines Rechts auf „hinreichende Schutzmaßnahmen, insbesondere Pseudonymisierung“ zu reduzieren. Grundsätzlich ziele die Blockchain-Technologie darauf ab, den Verbraucher als Souverän seiner Daten zu stärken. Die Datenschutzgrundsätze entsprächen bis dato aber nicht der Idee einer dezentralen Datenhaltung.

Zusammenfassend werten die Studienautoren Blockchain als „digitale Grundlagentechnologie, die mit hoher Wahrscheinlichkeit erheblichen Einfluss
auf den digitalen Informationsfluss von morgen haben wird.“ In der Blockchain-Szene sei bereits vom Web 3.0 die Rede, in dem Informationen mit einem Wert versehen und nachvollziehbar, unverfälscht, automatisiert sowie selbstausführend übertragen und verwertet werden könnten. Gleichzeitig gelte es aber zu beachten, dass die Blockchain nicht zwangsläufig
der „missing key“ der Energiewelt ist, welcher gleichsam die Lösung aller Herausforderungen der Energiewende verspricht. Die Studie „Blockchain in der integrierten Energiewende“ steht kostenlos als PDF auf der Website der Dena zum Download zur Verfügung.

 

// Artikel von Herrn Peter Koller, Energie & Management Verlagsgesellschaft mbH