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Zusammen für das 450-Megahertz-Netz

DIE ENERGIEWIRTSCHAFT ist eine besondere Branche, ohne Frage. Stellt sie doch mit einer sicheren Strom- und Wärmeversorgung  die  Grundlage  für unser tägliches Dasein zur Verfügung. Ein Leben ohne Energie von den Versorgungsunternehmen ist in unserer Gesellschaft nicht mehr vorstellbar. Ein Ausfall der Stromversorgung kann verheerende Folgen mit sich bringen – bis hin zur Bedrohung für Leib und Leben.

In seinem fiktiven Roman „Blackout“ wirft der Autor Marc Elsberg einen drastischen, aber durchaus realistischen Blick auf einen längerfristigen Stromausfall in Europa. Die Versorgung bricht zusammen, da das öffentliche Leben ohne Elektrizität nicht funktioniert. Ohne Strom gibt es keinen Sprit an der Tankstelle, öffnet sich keine Supermarktkasse und jedes Kühlhaus wärmt sich auf.

Die deutschen Energieversorger haben eines der sichersten Stromnetze der Welt aufgebaut. Gleichwohl: Menschen machen Fehler, Technik kann kaputtgehen – Stromausfälle werden sich nie ganz vermeiden lassen. Wichtig ist, dass dann schnell reagiert und der Ausfall so kurz wie möglich gehalten wird. Reagieren kann aber nur der, der Informationen hat und kommunizieren kann − hier kommt das 450-MHz-Netz ins Spiel. Früher auch als C-Netz be- kannt, war es seinerzeit das erste Mobilfunknetz in Deutschland.

Ein eigenes Kommunikationsnetz ist erheblich robuster als ein öffentliches Netz. Mit einem 450-MHz-Netz hätte die Energiebranche ihr eigenes Kommunikationsnetz, das unabhängig agiert. Bei einem Blackout könnte mithilfe von Notstromaggregaten die Stromversorgung der Sendemasten gewährleistet werden. So kann schnell eine Verbindung zu den entsprechenden Stellen hergestellt und die nötigen Schritte können unternommen werden.  Auch ist das Netz bei einem länger andauernden Stromausfall erheblich robuster als die öffentlichen Mobilfunkverbindungen. Diese sind im Ernstfall überlastet und ohne Anschluss an das öffentliche Stromnetz nur wenige Stunden betriebsfähig.

Aktuell ist eine Lizenz für die 450-MHz-Frequenz in Händen der privaten Firma „450 Connect“, der deutschen Tochtergesellschaft des niederländischen Strom- und Telekommunikationsnetzanbieters Alliander. Dieser ist wiederum im kommunalen Besitz von niederländischen Provinzen. Die Lizenz läuft Ende 2020 aus und wird dann neu vergeben. Allerdings ist die deutsche Energiewirtschaft nicht die Einzige, die ein Auge auf die Frequenz geworfen hat. Sogenannte „Behörden und Organisationen mit Sicher- heitsaufgaben“ sehen ebenfalls die Vorteile des 450-MHz-Netzes, dazu gehört beispielsweise die Polizei. Auch sie hat bei der Bundesnetzagentur Ansprüche angemeldet. Ein weiterer Interes- sent  ist  die  Bundeswehr.

Die Chancen für die deutsche Energiewirtschaft auf die Lizenz stehen nicht schlecht, heißt es aus dem Umfeld der Bundesnetzagentur. Allerdings favorisiert diese auch ein nationales Betreibermodell. Sie will einen Flickenteppich an Unternehmen und Institutionen beim Betrieb des Netzes verhindern. Verständlich.

Suche nach dem besten Konzept für die Branche. Der Frequenz-Betreiber 450 Connect ist bereits dabei, mit einigen Energieversorgern eine Krisensteuerung mit einem 450-MHz-Netz aufzubauen. Ein anderer Player ist ein Konsortium um die Stadtwerke Bonn GmbH, die rund 50 kommunale Stromnetzbetreiber als Unterstützer gewinnen konnte. Beide Akteure agieren zurzeit noch für sich selbst. Wettbewerb ist sicherlich hilfreich beim Ringen um das beste Konzept. Doch irgendwann muss sich die Branche entscheiden, was und wen sie will. „Allen Unternehmen wird klar sein, dass sich die Branche geschlossen präsentieren sollte, damit sie eine Chance auf eine Lizenz hat“, heißt es beim Kommunalverband VKU. Dem ist nichts hinzuzufügen.

// Artikel von Herrn Stefan Sagmeister, Chefredakteur, Energie & Management Verlagsgesellschaft mbH – E&M-Ausgabe 20